Wikis im Geschichtsunterricht der Sekundarstufe II
¶ 1 Leave a comment on paragraph 1 2 Wikis können im Geschichtsunterricht auf vielfältige Weise eingesetzt werden. Zentral erscheinen uns dabei drei Aspekte des historischen Lernens: Das Schreiben von Geschichte, die gemeinsame Auseinandersetzung mit Geschichte und die Bedeutung der Medien für historisches Lernen. Diese Aspekte zeigen die spezifischen Potenziale des Einsatzes von Wikis im Geschichtsunterricht; diese wurden in der Fachdidaktik allerdings bislang kaum erörtert. Insgesamt eröffnen Wikis im Geschichtsunterricht neue und vielfältige Möglichkeiten zur Gestaltung fachspezifisch begründeter sowie gemeinschaftlich und prozessual angelegter Lernumgebungen. Diese Unterrichtstechnologien können der Lehrkraft in besonderem Maß helfen, historische Lernprozesse zu initiieren und zu verstetigen. Die folgenden Unterrichtsbeispiele zeigen exemplarisch, wie der Einsatz von Wikis das methodische Repertoire der Lehrenden zu erweitern vermag. Dabei erlauben gerade Wikis die Entwicklung individualisierter und binnendifferenzierter Lerngelegenheiten.
¶ 2 Leave a comment on paragraph 2 0 Das Schreiben von Geschichte wird in seiner Bedeutsamkeit für historisches Lernen in der Geschichtsdidaktik zwar breit diskutiert, ist aber noch immer wenig im Klassenzimmer anzutreffen. Partner- und Gruppenarbeit werden im Geschichtsunterricht zwar gepflegt und regelmäßig eingesetzt, doch deren Bedeutung für das historische Lernen ist noch kaum eingehend behandelt worden (vgl. auch Hodel & Waldis, 2007). Die Kombination dieser beiden Ansätze, das gemeinsame Schreiben von Geschichte, ist eine Form der Auseinandersetzung mit Geschichte, die vielversprechend erscheint und durch neue digitale Werkzeuge wie die Wiki-Technologie ermöglicht wird. Allerdings liegen hierzu kaum Erfahrungswerte vor. Hingegen werfen die Möglichkeiten neuer Medientechnologien die grundsätzliche Frage auf, wie gemeinsam Geschichte gelernt und Geschichte geschrieben werden kann und wie Medien als Lernumgebungen (und nicht nur als Lernobjekte und Lernwerkzeuge) das historische Lernen prägen (Bernsen, König & Spahn, 2012).
¶ 3 Leave a comment on paragraph 3 0 An zwei konkreten Beispielen sollen die Möglichkeiten und Herausforderungen skizziert werden, die mit einem Einsatz von Wikis im Geschichtsunterricht verbunden sind. Die Erfahrungen beziehen sich auf Unterrichtseinheiten, die im Rahmen eines Leistungskurses Geschichte am Theodor-Heuss-Gymnasium in Sulzbach (Saar) entwickelt und durchgeführt wurden. Es kam die Wiki- Software Mediawiki zum Einsatz, also die gleiche Engine, mit der die Wikipedia betrieben wird. Somit konnten die Schülerinnen und Schüler in den vorgestellten Unterrichtsszenarien nicht nur die gemeinschaftliche Auseinandersetzung mit Geschichte in einem Onlinetool erproben, sondern auch die Funktionsweise der bekannten Onlineenzyklopädie kennenlernen. Die Wiki-Arbeit wurde in den methodischen Gang einer herkömmlichen Unterrichtsstunde, Lerneinheit bzw. Lektion integriert (Meyer, 1994, S. 38).
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Leave a comment on paragraph 4 0
Rahmen der Unterrichtseinheit Fach: Geschichte
Schuljahr: 2006/07 Klassenstufe: Oberstufe 12/1312
Klassenstärke: 15 Schülerinnen und Schüler Schultyp: Gymnasium
Anzahl der Unterrichtsstunden: 2 h (Beispiel 1); 4 h (Beispiel 2)
Beteiligte Lehrkraft: Alexander König (Fachlehrer für Geschichte)
1 Beispiel 1: Quellen gemeinschaftlich deuten und Geschichte rekonstruieren
¶ 5 Leave a comment on paragraph 5 1 Während ihrer Schullaufbahn werden Schülerinnen und Schüler mit verschiedensten Medien als Lernobjekten konfrontiert. Im Geschichtsunterricht werden Quellen und Darstellungen untersucht, methodische Hinweise zur adäquaten Bearbeitung gegeben und das erworbene Handlungswissen eingeübt (Sauer; Fleiter, 2003). Im hier vorgestellten Arrangement werden die von der Software bereitgestellten technischen Möglichkeiten so genutzt, dass Schülerinnen und Schüler sich zugleich Kompetenzen des Schreibens von Hypertexten und des Zusammenarbeitens im digitalen Medium aneignen. Überdies bauen sie in den methodischen Bereichen von Re- und Dekonstruktion Fähigkeiten und Fertigkeiten auf (König, 2010), die sich im Bereich digitaler Medien auch als historische Onlinekompetenzen (Lesen, Schreiben, Reden/Reflektieren) fassen lassen (Hodel, 2007; Hodel, 2008).
¶ 6 Leave a comment on paragraph 6 0 Im Vordergrund stand jedoch der fachspezifische Umgang mit verschiedenen Quellengattungen. In der betreffenden Sequenz aus der Unterrichtsreihe «Die USA – ein Staat auf dem Weg zur Weltmacht» arbeiteten die Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen Bildquellen. Darunter befanden sich zwei Karikaturen zur amerikanischen Außenpolitik aus dem 20. Jahrhundert. Diese Karikaturen wurden in einem Mediawiki auf zwei ansonsten leeren Seiten bereitgestellt. Die Klasse war in zwei gleich große Teams geteilt worden, die jeweils eine Karikatur zu bearbeiten hatten. Die einzelnen Teams bildeten wiederum Kleingruppen aus maximal drei Personen. Die Kleingruppen verteilten sich auf die zur Verfügung stehenden Rechner.
¶ 7 Leave a comment on paragraph 7 0 Da die eingesetzte Software die zeitgleiche Bearbeitung ein und derselben Seite nicht ermöglichte (siehe auch Beispiel 2), wurde den Schülerinnen und Schülern in den Kleinteams eine der folgenden aufeinander aufbauenden Aufgaben zugewiesen:
Beschreibung der Karikatur,
Erläuterung des historischen Hintergrunds sowie
Interpretation der Symbole mit einer Klärung der Aussageabsicht des Autors.
¶ 9 Leave a comment on paragraph 9 0 Dabei wurden die Schülerinnen und Schüler angehalten, mithilfe des Editors eine Überschrift erster Ordnung für den jeweiligen Bearbeitungsschritt einzufügen (Beschreibung, historischer Hintergrund, Deutung). Die so auf der Wiki-Seite entstandenen Kapitel konnten als Einzelelemente der Seite zeitgleich bearbeitet werden, ohne dass die Gefahr des Überschreibens von Texten bestand.
¶ 10 Leave a comment on paragraph 10 1 Die komplette Unterrichtssequenz durchlief folglich drei Phasen, bis die komplette Quellenanalyse vorlag. Jeder Bearbeitungsschritt dauerte ca. acht Mi- nuten. Eine Gruppe begann mit dem ihr zugewiesenen Bearbeitungsschritt, z. B. der Beschreibung (Phase 1). Dann wechselte die Gruppe und arbeitete an einem Dokument einer anderen Gruppe weiter (z. B. historischer Hintergrund). Dort übernahm sie den Bearbeitungsstand der vorherigen Gruppe. Die Schülerinnen und Schüler sollten den Vorschlag lesen und beurteilen, bei Bedarf umarbeiten, verändern und verbessern (Phase 2), um schließlich mit einem nächsten Bearbeitungsschritt (z. B. Deutung) fortzufahren (Phase 3). Als Ganzes war das Arrangement mit einem digitalen Gruppenpuzzle vergleichbar (Hinze, Bischoff & Blakowski, 2002). Die verschiedenen Gruppen setzten sich in den einzelnen Phasen in Bezug auf Sach- und Werturteil intensiv mit bestimmten Aspekten des Materials und den bereits erarbeiteten Gesichtspunkten der anderen Gruppen auseinander.
¶ 11 Leave a comment on paragraph 11 1 In der zweiten Stunde wurden die beiden Karikaturen im Plenum behandelt. Zugleich gab die Lehrkraft den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, von ihren Erfahrungen bei der Wiki-Arbeit zu berichten. Abschließend wurde den Schülerinnen und Schülern als Hausaufgabe der Arbeitsauftrag mitgegeben, die vorliegenden Analysen noch einmal zu lesen und gegebenenfalls zu verbessern. Interessanterweise erweiterten einige Schülerinnen und Schüler eigenständig den vorliegenden Hypertext, sodass Einzelaspekte auf neu generierten Wiki-Seiten inhaltlich vertieft wurden.
2 Beispiel 2: Historisches Lernen an außerschulischen Lernorten virtuell vorbereiten
¶ 12 Leave a comment on paragraph 12 0 Im zweiten Beispiel beschäftigten sich Schülerinnen und Schüler mit der Schlacht von Verdun, die als Inbegriff der Materialschlacht gilt. Das Wiki wurde in diesem Beispiel dazu eingesetzt, eine Exkursion zum historischen Ort inhaltlich vorzubereiten.
¶ 13 Leave a comment on paragraph 13 0 Zu Beginn der Reihe stellte die Lehrkraft einen Advance Organizer (Wahl, 2006, S. 139 ff.) vor, der einen thematischen Überblick gab. Darauf wurden die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, paarweise am Computer Aufgaben zu bearbeiten. Jede Gruppe erhielt eine Anzahl von Begriffen (unter anderem Orte, Personen, Fachtermini), zu denen sie anhand des eingeführten Schulbuchs und einer selbstständigen Internetrecherche Informationen zusammentragen und einen kurzen Artikel verfassen sollten. Anschließend hatten die Schülerinnen und Schüler die Artikel anderer Gruppen wo nötig auszubessern.
¶ 14 Leave a comment on paragraph 14 0 Auf einer weiteren von der Lehrkraft eingerichteten Wiki-Seite wurden die Schülerinnen und Schüler zudem dazu aufgefordert, Fragen festzuhalten, die ihnen bei der Lektüre der Texte einfielen.
¶ 15 Leave a comment on paragraph 15 0 In beiden Phasen war das Zeitmanagement von großer Bedeutung. Die Bearbeitung musste wegen der technischen Rahmenbedingungen des eingesetzten Wikis asynchron erfolgen, um das versehentliche Überschreiben bei zeitgleicher Bearbeitung zu verhindern. Deshalb forderte die Lehrkraft die Schülergruppen beispielsweise dazu auf, die während der Arbeitsphase aufkommenden Fragen nacheinander im Wiki zu fixieren. Es begannen also alle Gruppen mit dem Lesen der Artikel (ca. 5 Minuten) und fertigten Notizen zunächst auf Papier an. Dann wurde die erste Gruppe gebeten, mit der Bearbeitung zu beginnen (ca. 5 Minuten), während die anderen Gruppen weitere bereits formulierte Texte lasen und auf Papier Bemerkungen anfertigten. Anschließend durfte die zweite Gruppe den Text bearbeiten.
¶ 16 Leave a comment on paragraph 16 0 Diese Abfolge wurde bis zum Ende der Stunde fortgeführt. So konnte sichergestellt werden, dass immer nur eine Gruppe sich im Bearbeitungsmodus des Wikis befand. Als Hausaufgabe sollten die Schülerinnen und Schüler alle noch ausstehenden Texte lesen und von zu Hause aus noch weitere Fragen formulieren.
¶ 17 Leave a comment on paragraph 17 0 Zunächst war geplant, dass diese Schülerfragen im Laufe der Exkursion dem mit der Leitung betrauten Historiker gestellt und seine Antworten aufgezeichnet werden sollten. Im Verlaufe der Vorbereitungen wurde jedoch vereinbart, dass sich der Experte anhand der über das Netz zugänglichen Fragen vorbereitete und die Fragen auf der Fahrt fortlaufend beantwortete. So konnten die Schülerinnen und Schüler am historischen Ort ein Interview mit dem Experten führen und mit Camcorder und Digitalkamera aufzeichnen. Anschließend bearbeiteten sie die Daten und stellten das daraus resultierende AV-Dokument mithilfe der Wiki- Erweiterung EmbedVideo auf der Wiki-Plattform ein.
3 Potenziale für das historische Lernen und für das Lernen mit digitalen Medien
¶ 18 Leave a comment on paragraph 18 0 Der Einsatz des Wikis hatte in den vorgestellten Beispielen den Charakter einer methodischen Facette: Er beschränkte sich auf einzelne Unterrichtsstunden und Unterrichtssequenzen, die als Blended-Learning-Episoden in den Unterrichtsverlauf eingebunden waren. Bei der Abschätzung der Potenziale sind die medienpädagogisch-mediendidaktisch begründeten Modelle (Baacke, 2007; Döbeli Honegger, 2007, S. 39 ff.) in funktionaler Abhängigkeit zu geschichtsdidaktischen Überlegungen zu betrachten (Rohlfes, 1999, S. 18).
¶ 19 Leave a comment on paragraph 19 0 Die Lektion des ersten Beispiels akzentuierte die gemeinschaftliche Rekonstruktion von Geschichte durch gemeinsames Verfassen eines Textes. Historische Darstellungen folgen immer einem Muster, das die einzelnen Aussagen im Hinblick auf den Zeithorizont in einen sinnvollen, hier textuell gefassten Zusammenhang bringt. Im vorliegenden Falle erstellten die Schülerinnen und Schüler – in der Terminologie Pandels (Pandel, 2010, S. 156 f.) – eine Umerzählung. Die behandelten Materialien waren den Schülerinnen und Schülern unbekannt, dennoch vermochten sie sie dank bereits erworbenen Wissens in einen narrativen Zusammenhang zu stellen.
¶ 20 Leave a comment on paragraph 20 0 Hierzu wendeten die Schülerinnen und Schüler auch – wenngleich in vereinfachter Form – quellenkritische Verfahren an. Deren Vermittlung war ein zweites Ziel der Lektion.
¶ 21 Leave a comment on paragraph 21 0 Die Wiki-Technologie fungierte dabei als Werkzeug- und Lernumgebung, in der die Quellenanalyse und das Erstellen der Narration kooperativ durchgeführt werden konnte. Die Verwendung des Wikis ermöglichte die unmittelbare Auseinandersetzung mit den Interpretationen der Mitschülerinnen und Mitschüler. Auf diese Weise wurde Geschichte als kommunikatives und diskursiv strukturiertes Aushandlungsgeschäft konkurrierender Deutungen erfahrbar. Demgegenüber trat, zumindest in diesem Beispiel, die Erstellung eines Hypertexts samt den damit zusammenhängenden Möglichkeiten der Kontextualisierung und Detaillierung der berichteten Sachverhalte in den Hintergrund.
¶ 22 Leave a comment on paragraph 22 0 Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler kann im zweiten Beispiel als gemeinschaftliches Nacherzählen (Pandel, 2010, S. 154 ff.) bereits im Netz vorfindlicher Geschichtsdarstellungen bezeichnet werden. Dieser Erzählmodus, der in der Regel eher unkritisch Traditionen reproduziert, wurde mithilfe der Wiki-Technologie dahingehend fruchtbar gemacht, dass die Nacherzählungen den Schülerinnen und Schülern als Grundlage für die Formulierung von Fragen dienten.
¶ 23 Leave a comment on paragraph 23 0 Das Wiki fungierte folglich sowohl als Minilexikon, in dem historische Artikel zu verschiedenen außerschulischen Lernorten gesammelt wurden, als auch als Ablage für Fragen der Schülerinnen und Schüler.
¶ 24 Leave a comment on paragraph 24 0 Digitale Werkzeuge wie die Wiki-Technologie zeigen neuartige Möglichkeiten auf, gemeinsam Geschichte zu lernen und Geschichte zu schreiben. Sie führen aber auch zu grundsätzlichen Überlegungen, wie Medien als Lernumgebungen (und nicht nur als Lernobjekte und Lernwerkzeuge) das historische Lernen prägen.
4 Fazit: Historische Wiki-Arbeit will gelernt sein!
¶ 25 Leave a comment on paragraph 25 2 Zusammenfassend bestätigen die Beobachtungen des Wiki-Einsatzes, dass das Schreiben von Geschichte nicht einfach die Verschriftlichung von Erkenntnissen, sondern ein Teil des Erkenntnisprozesses selbst darstellt. Das gemeinsame Verfassen eines Wiki-Textes über einen historischen Sachverhalt erwies sich für die Schülerinnen und Schüler sowohl in inhaltlicher und technischer als auch in methodischer Hinsicht als anspruchsvolle Aufgabe. Für die Lernenden war das gemeinschaftliche Arbeiten in einem Wiki eine ungewohnte und neue Erfahrung. Insoweit bestätigen die Unterrichtserfahrungen die empirischen Daten, wonach hinsichtlich der Web-2.0-Nutzung unter Jugendlichen das gemeinschaftliche Schreiben, z. B. in der Wikipedia, mit 1 Prozent auf dem vorletzten Platz zu finden ist (JIM, 2010, 35).
¶ 26 Leave a comment on paragraph 26 0 Es wäre allerdings falsch, diese Zahlen als grundsätzliche Ablehnung von Wikis zu interpretieren. Jugendliche arbeiten nicht ungern mit Wikis. Jedoch erfordert auch das historische Lernen an, mit, über und in Wikis spezifische Onlinekompetenzen in den Bereichen des Lesens, Schreibens, Redens und Kommunizierens. Das Schreiben und das Zusammenarbeiten in Wikis wollen gelernt und geübt sein!
¶ 27 Leave a comment on paragraph 27 0 Konkret waren drei praktische Schwierigkeiten bei der Arbeit mit den Wikis zu erkennen, die für den Einsatz von Wikis in Unterrichtskontexten bedeutsam sind:
- ¶ 28 Leave a comment on paragraph 28 0
- Die Schülerinnen und Schüler überschrieben unbeabsichtigt Beiträge von Mitschülerinnen und Mitschülern.
- ¶ 29 Leave a comment on paragraph 29 0
- Sie zeigten auch Hemmungen, das Geschriebene ihrer Mitschülerinnen oder Mitschüler zu überarbeiten.
- ¶ 30 Leave a comment on paragraph 30 0
- Schließlich war ihnen die Wiki-Syntax auch nicht hinreichend bekannt und erwies sich trotz eines Editors nicht als selbsterklärend. Ein Handout mit einer Kurzanleitung wäre dienlich gewesen.
¶ 31 Leave a comment on paragraph 31 0 Gleichwohl äußerten sich die Schülerinnen und Schüler insgesamt positiv zur Arbeit mit Wikis: Sie hätten einiges über die Wikipedia und die Funktionsweise von Wikis insgesamt gelernt. Es sei verblüffend, wie einfach etwas im Internet veröffentlicht werden könne. Ein Schüler bezeichnete den Entstehungsprozess der Quelleninterpretation insgesamt als «interessant». Die Analyse habe sich aus seiner Warte rückblickend als «Kursaufgabe» herausgestellt. Damit meinte er, dass die Schülerinnen und Schüler der Klasse die Quelleninterpretation ohne weiteres Zutun der Lehrkraft entwickeln konnten.
¶ 32 Leave a comment on paragraph 32 0 Aus der Unterrichtsbeobachtung kann gesagt werden, dass die Diskussion in den Gruppen vor dem eigentlichen Schreibakt intensiv geführt wurde. Geschrieben wurde mit Bedacht und Überlegung.
¶ 33 Leave a comment on paragraph 33 1 Die aktiv und relativ selbstständig agierende Lerngemeinschaft rückte in den Vordergrund, während sich die Rolle der Lehrkraft wandelt. Sie ist nicht länger Geschichtsvermittler, sondern Konstrukteur webgestützter Lernumgebungen, die Lernprozesse im «Universum des Historischen» (Gautschi, 2009, S. 43) anregen. Im Präsenzunterricht beschränken sich ihre Tätigkeit auf Beratung, Moderation und Fehlerbehebung (vgl. auch Röll, 2003, S. 212 ff.). Dabei kommt der Organisation und der Gestaltung des Wechsels zwischen Online- und Offlinephasen eine besondere Bedeutung für die reibungslose Unterrichtsdurchführung zu.
¶ 34 Leave a comment on paragraph 34 0 Die in den Beispielen dargelegte Verwendung von Wikis im Geschichtsunterricht zeigte auch, dass sich in der Textproduktion einzelne – oft auch im Präsenzunterricht leistungsstarke – Schülerinnen und Schüler hervortaten. Sie traten gleichsam als «Poweruser» auf. Diese Gruppe lieferte einen Großteil der Texte, brachte viele Veränderungen und Verbesserungen im Textkorpus an und teilte so ihr Wissen. Ergänzende Aufgabenstellungen, wie z. B. das Formulieren von Fragen oder die Beschreibung einer Bildquelle, integrierten auch die eher leistungsschwachen Schülerinnen und Schüler.
¶ 35 Leave a comment on paragraph 35 1 Es fällt auf, dass die Schülerinnen und Schüler kaum Gebrauch machten von der Möglichkeit zur Kommentierung und Diskussion der Arbeitsergebnisse, die in der Wiki-Software durch die Funktion der Diskussionsseiten zu jedem Dokument bereitgestellt wird. Mögliche Erklärungen hierfür sind einerseits die Face- to-Face-Situation im Unterricht, die es nahelegt, unterschiedliche Ansichten und Darstellungsvarianten direkt am Arbeitsplatz auszudiskutieren; andererseits die bereits erwähnten Vorbehalte, die Produkte der Mitschüler zu verändern oder zu kritisieren. Allerdings sah die Aufgabenstellung die Nutzung der Diskussionsseiten auch nicht ausdrücklich vor.
¶ 36 Leave a comment on paragraph 36 3 Diese Befunde belegen die Wichtigkeit gut formulierter historischer Lernaufgaben gerade beim Einsatz digitaler Medien im Geschichtsunterricht. Sowohl technische Aspekte als auch didaktisch-methodische Überlegungen zur Binnendifferenzierung (durch Individualisierung) sind zu berücksichtigen, soll der Wiki-Einsatz einen Beitrag zur einer neuen Aufgabenkultur leisten können (Heuer, 2011).
Internethinweise
¶ 37 Leave a comment on paragraph 37 0 Wiki des Theodor-Heuss-Gymnasiums. Online: http://www.netzgymnasium.de/Wiki/index.php?title=Hauptseite [Abruf am 30.09.2011]
Literatur
¶ 38 Leave a comment on paragraph 38 0 Baacke, D. (2007). Medienpädagogik. Tübingen: Max Niemayer Verlag.
¶ 39 Leave a comment on paragraph 39 0 Bernsen, D., König, A. & Spahn, T. (2012). Medien und historisches Lernen: Eine Verhältnisbestimmung und ein Plädoyer für eine digitale Geschichtsdidaktik. Zeitschrift für digitale Geschichtswissenschaften. Jg. 1, H. 1. Online: http://universaar.uni-saarland.de/journals/index.php/zdg/article/view/294/358 [Abruf am 30.09.2011].
¶ 40 Leave a comment on paragraph 40 0 Döbeli Honegger, B. (2007). Wikis und die starken Potentiale. Unterrichten mit Wikis als virtuellen Wandtafeln. Computer + Unterricht. Jg. 17, H. 66. S. 39–41.
¶ 41 Leave a comment on paragraph 41 0 Gautschi, P. (2009). Guter Geschichtsunterricht. Grundlagen, Erkenntnisse, Hinweise. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag.
¶ 42 Leave a comment on paragraph 42 0 Heuer, C. (2011). Gütekriterien für kompetenzorientierte Lernaufgaben im Fach Geschichte. Geschichte in Wissenschaft und Unterricht. Jg. 62, Nr. 7/8. S. 443–455.
¶ 43 Leave a comment on paragraph 43 0 Hinze, U., Bischoff, M. & Blakowski, G. (2002). Jigsaw Method in the Context of CSCL. Online: http://home.arcor.de/udo-hinze/Dokumente/Jigsaw.pdf [Abruf am 30.09.2011].
¶ 44 Leave a comment on paragraph 44 0 Hodel, J. (2007). Historische Online-Kompetenz. Informations- und Kommunikationstechnologie in den Geschichtswissenschaften. In: Pöppinghege, R. (Hrsg.). Geschichte lehren an der Hochschule. Bestandsaufnahme, methodische Ansätze, Perspektiven. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag. S. 194–210.
¶ 45 Leave a comment on paragraph 45 0 Hodel, J. (2008). Digital lesen, digital schreiben, digital denken? Über den kompetenten Umgang mit Geschichte im Zeitalter des digitalen Medienwandels. In: Jorio, M. & Eggs, C. (Hrsg.). Am Anfang ist das Wort. Lexika in der Schweiz. Baden: Verlag hier und jetzt. S. 113–125.
¶ 46 Leave a comment on paragraph 46 0 Hodel, J. & Waldis, M. (2007). Sichtstrukturen im Geschichtsunterricht – die Ergebnisse der Videoanalyse. Gautschi, P. et al. (Hrsg.): Geschichtsunterricht heute. Eine empirische Analyse ausgewählter Aspekte. Bern: hep verlag ag, S. 91–142.
¶ 47 Leave a comment on paragraph 47 0 König, A. (2007). Wikis im Geschichtsunterricht. Online: http://www.lehrer-online.de/wiki-geschichte.php [Abruf am 01.10.2011].
¶ 48 Leave a comment on paragraph 48 0 König, A. (2008). Die Schlacht von Verdun. Unterrichtspraktische Erfahrungen zu selbstorganisiertem Lernen mit Wikis im Geschichtsunterricht. Computer + Unterricht. Jg. 18, H. 69, S. 25–27.
¶ 49 Leave a comment on paragraph 49 0 König, A. (2008). Kollaborative Quelleninterpretation mit Wikis. Didaktische Handlungsmöglichkeiten und methodische Gestaltungsfelder im Geschichtsunterricht 2.0. Login. Jg. 28, Nr. 162, S. 47–52
¶ 50 Leave a comment on paragraph 50 0 König, A. (2010). Geschichte mit digitalen Medien re- und dekonstruieren. Kompetenzorientiertes historisches Lernen im computer- und webgestützten Geschichtsunterricht. Computer + Unterricht. Jg. 20, H. 77, S. 26–32.
¶ 51 Leave a comment on paragraph 51 0 Magenheim, J. (2004). CSCL in der Schule. In: Haake, J., Schwabe, G. & Wessner, M. (Hrsg.). CSCL-Kompendium. Lehr- und Handbuch zum computerunterstützten kooperativen Lernen. München, Wien: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. S. 358–369.
¶ 52 Leave a comment on paragraph 52 0 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.). JIM-Studie 2010. Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 2010.
¶ 53 Leave a comment on paragraph 53 0 Meyer, H. (1994). UnterrichtsMethoden. Band. 1: Theorieband. 6. Auflage. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor.
¶ 54 Leave a comment on paragraph 54 0 Pandel, H. (2010). Historisches Erzählen. Narrativität im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts: Wochenschau-Verlag.
¶ 55 Leave a comment on paragraph 55 0 Rohlfes, J. (1999). Geschichtsdidaktik. Geschichte, Begriff, Gegenstand. In: Sauer, M. (Red.): Geschichtsunterricht heute. Grundlagen, Probleme, Möglichkeiten. Seelze-Velber: Friedrich Verlag. S. 18–21.
¶ 56 Leave a comment on paragraph 56 0 Sauer, M., Fleiter, E. (2003). Lernbox Geschichte. Das Methodenbuch. 2. Auflage. Seelze-Velber: Friedrich Verlag.
¶ 57 Leave a comment on paragraph 57 0 Schmale, W. (2010). Digitale Geschichtswissenschaft. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag. Wahl, D. (2006). Lernumgebungen erfolgreich gestalten. Vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln. 2., erweiterte Auflage. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt Verlag.
Ich finde die Idee mit dem Einsatz von Wikis selbst Geschichte schreiben zu können toll! Persönlich würde ich es aber schätzen, wenn die Lehrperson „mehr“ wäre als Beratung und Moderation. Ich als Schülerin mag es, wenn eine Lehrperson Wissen vermittelt. Wenn sie auch persönliche Sichtweisen einbringt, gibt das meiner Meinung nach, ein lebendigeres und facettenreicheres Bild von Geschichte.
Das Prinzip, die digitalen Medien und insbesondere Wikis in den Unterricht einzubauen, finde ich eine gute Idee. Vor allem der Geschichtsunterricht, der leider den Ruf geniesst, verstaubt zu sein, könnte dank dem Einsatz von modernen Mitteln wieder Aufwind gewinnen.
Allerdings bin ich nicht so sehr davon überzeugt, dass wirklich allle Schülerinnen und Schüler von der Arbeit, die ausschliesslich mit Wikis stattfindet, profitieren können. Wie in Absatz 34 beschrieben werden wohl auch hier die Leistungsstärkeren mehr produzieren als Leistungsschwächere.
Ausserdem finde ich, dass die Arbeit im Netz nur allzu sehr dazu verlockt, die zu erlernenden Informationen kurzerhand aus dem World Wide Web selbst zu holen. Auch der Zugang zu anderen Seiten wäre offen, die dann gar nichts mehr mit dem Unterricht zu tun haben.
Trotz dieser Kritik würde ich zumindest ein Mal versuchen, Wikis sinnvoll im Unterricht einzusetzen. Ich selber habe während meiner Schulzeit auch meine Hausaufgaben mithilfe von Wikipedia überprüft, andere haben gleich seitenweise Text kopiert.
Ich finde besonders den Aspekt vom gemeinsamen Geschichte schreiben interessant. Durch die Kooperation und gegenseitige Kontrolle, wird Geschichte plötzlich zur unmittelbaren Erfahrung. Die Chancen stehen gut, das Geschichte als abstrakte Konstruktion der Realität wahrgenommen werden kann. Sie gewinnt an Attraktivität, weil Wahrheit und Realität nicht mehr fremd definiert werden.
Weiter könnte ich mir auch eine Art Klassenwiki vorstellen, welches der Ergebnissicherung dienen würde und ev. auch über mehrere Jahre aktiv bleiben könnte.
Was mich interessiert ist, wie gross der zeitliche Aufwand für die Lehrperson bei dieser Art von Wiki wäre.
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Die Befürchtung, dass Lernende einander die Texte willentlich verschlechtern ist in der Praxis unbegründet. Es geschieht praktisch nie. Vermutlich unter anderem darum nicht, weil es aufgrund der Versionsverwaltung in Wikis erkennbar und umkehrbar ist.